30/10/2020 - Market news

Konsolidierung und Marktbereinigung

Automotive

Tobias Schätzmüller und Markus Otto, Managing Partner von Clearwater International Deutschland, wurden vom Maturus Finance Magazin zur Einschätzung der aktuellen Situation in der Automotivebranche interviewt.

Die Insolvenzmeldungen im Automobilbereich häufen sich. „Das ist allerdings nicht allein auf Corona zu schieben“, sagt Tobias Schätzmüller, Managing Partner bei Clearwater International. „Die Automotive-Branche hat schon seit längerer Zeit mit vielen zusätzlichen Herausforderungen zu kämpfen. Zu nennen ist hier der tiefgreifende Struktur- und Technologiewandel, vorrangig politisch sowie kundenseitig getrieben. Dazu gesellten sich wirtschaftliche Bedrohungen wie der Brexit, Handelskonflikte und ein Absatzrückgang in China“, so der Automotive-Experte weiter.

Transformation braucht Zeit

Die Autoindustrie und ihre Wertschöpfung sind extrem spezialisiert und auf große Volumina ausgerichtet

Die Corona-Pandemie brachte das Fass dann zum Überlaufen und zwingt aktuell vor allem viele kleine Zulieferer in die Knie. Diese haben in den vergangenen Jahren aufgrund der niedrigen Margen kaum Kapitalpolster anlegen können – im Gegenteil: Um den Strukturwandel mitzugestalten, mussten sie zusätzliche Investitionen tätigen. Zulieferer für Komponenten im Bereich des Verbrennungsmotors stehen teilweise vor existenzbedrohenden Herausforderungen. Gute Ratschläge wie etwa „Die Zulieferer hätten sich doch rechtzeitig auf die Transformation der Branche einstellen und anpassen können“ findet Schätzmüller allerdings zu kurz gegriffen: „Das ist leicht gesagt. Die Autoindustrie und ihre Wertschöpfung sind extrem spezialisiert und auf große Volumina ausgerichtet. Ein KMU kann nicht einfach so auf neue Produkt- und Kundensegmente umsatteln“, erklärt Tobias Schätzmüller die schwierige Lage.

Konsolidierung als Überlebenstrategie

Eines ist dennoch klar: Wer sich am Markt halten möchte, muss sich verändern und anpassen – das gilt für OEMs wie Zulieferer gleichermaßen. Der Switch vom Verbrennungsmotor zum alternativen Antrieb, Gewichts- & Emissionsreduzierung, Konnektivität, Fahrerassistenzsysteme und das autonome Fahren stehen ganz oben auf der Transformationsliste. Doch all diese Maßnahmen kosten sehr viel Geld. „Wir reden von Investitionen in Milliardenhöhe“, sagt Markus Otto, ebenfalls Managing Partner bei Clearwater International. „Gezielte Übernahmen können hier helfen. Über Konsolidierungen und Allianzen können nicht nur die Kosten für F&E sowie das Risiko geteilt werden. Auch wichtiges Know-how lässt sich so bündeln“.

Finanzierung als Zünglein an der Waage

Vor allem Unternehmen, die bereits vor der COVID-19-Pandemie in Schieflage waren, haben aktuell ein großes Liquiditätsproblem. Denn diese erhalten keine staatlichen Corona-Förderkredite, weil sie die Kriterien nicht erfüllen. Ihnen fehlt quasi nicht nur dringend benötigtes Kapital zur Aufrechterhaltung des Geschäftsbetriebs, sondern auch für den unabwendbaren Strukturwandel. „Hier erwarten wir zahlreiche Insolvenzen. Allerdings nicht unbedingt als Welle, sondern vielmehr auf fortlaufend erhöhtem Niveau“, prognostiziert Markus Otto die weitere Entwicklung.

Unternehmen, die ihre Existenz durch Investitionen in neue Technologien oder Zukäufe sichern möchten, empfehlen die Experten von Clearwater einen ausgewogenen Finanzierungsmix. „Vor allem klassische Banken sehen die Automotive-Branche äußerst skeptisch und vergeben aktuell kaum Kredite“, weiß Markus Otto. „Neben kapitalstarken Strategen auch aus Asien sehen ausgewählte Private- Equity- und Turnaround-Investoren mit Automotive-Erfahrung den Sektor dagegen als Chance – vor allem um die notwendige Konsolidierung aktiv mitzugestalten.“

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